Corona – fordert uns alle. Hirn einschalten. Schnell die richtige Entscheidung treffen. Flexibel auf unbekannte Situationen reagieren. Ruhe bewahren, nur keine Panik! Auch der Urlaub verläuft anders als geplant. Das ist nicht nur spannend, auch Spaß und Erholung kommen nicht zu kurz.
Corona, besser Covid-19, hat nach Karneval- und Skisaison Europa erreicht. Immer wieder die gleichen Mitteilungen in den Nachrichten. Unsicherheit, Angst und teilweise auch Hysterie in der Öffentlichkeit nerven, mich zumindest total. Unser Reisedatum rückt näher.
Am 5. März gab es die Meldung von einer einzigen Corona infizierten Person in Südafrika. Wir saugen alle aktuellen Informationen weltweit auf.
Krisenbesprechung mit unseren zwei Freunden, mit denen wir die Reise geplant haben und uns auf drei gemeinsame Wochen freuen.
Südafrika, also die Südafrikanische Republik (ZAR) gehörte nicht zu den Corona-Risiko Ländern. Alle Fluggesellschaften, Gästehäuser und Lodges bestätigen am 13.03.20 nochmals unsere Buchungen. Keine Reise-Warnung des auswärtigen Amts für Südafrika, Botswana und Simbabwe.
Wir vier sind gesund, also nix wie weg aus dem Elsass und dem badischen Ländle hin zur Südspitze Afrikas.
Fotos: © Michael Schulze
14.03.20, 20.00 Uhr: Flughafen München
Der Flughafen ist nicht menschenleer, Boutiquen und Restaurants haben geöffnet, aber es ist ungewöhnlich ruhig. Die typische Betriebsamkeit fehlt. Kein Wunder. Die Lufthansa hat 50% der Flüge gestrichen. Andere Airlines fliegen ebenfalls mit geringer Auslastung. Viele Länder, darunter auch Singapore, USA und einige europäische Länder lassen Deutsche nicht mehr einreisen. Wir sind die Gefahr, wir kommen aus einem Risiko-Land. Was erwartet uns in Kapstadt?
15.03.20, 7.00 Uhr Flughafen Kapstadt / Cape Town
Freundliches Flughafenpersonal, gut organisiert, führt alle Passagiere zum Temperatur-Scan. Auf dem Weg dorthin müssen wir ein Formular zu unserem aktuellen gesundheitlichen Befinden sowie Angaben zu Orten, in denen wir uns kurz vor der Einreise aufgehalten haben, ausfüllen. Mit leicht angespanntem Gefühl im Bauch stehen wir in der Schlange. Ist es Müdigkeit oder mitgebrachte Anspannung? Ein Blick in die Gesichter der anderen Passagiere, wir sind offenbar nicht allein mit diesem Gefühl. Schritt für Schritt nähern wir uns den Wärmebildkameras. Medizinisches Personal aus Cape Town ergänzt die ausgefüllten Formulare mit der aktuell gemessenen Temperatur. Wir vier haben eine Körpertemperatur zwischen 35,0°C und 35,6°C. Aufatmen! Alles läuft zügig und routiniert ab, die Südafrikaner profitieren von ihren Gelbfieber-Erfahrungen. Passkontrolle erfolgt ruck-zuck, Deutsche brauchen kein Visum.
Auf dem Weg zum Autoverleih „Budget“ tauschen wir an einem Exchange Point Euro in Südafrikanische Rand. Wenig später verlassen wir mit dem vorbestellten Auto das Flughafengelände Richtung Kapstadt in die Bree-Street zum Hotel „Cape Heritage Hotel“. Wir kommen der Skyline von Cape Town immer näher, der beeindruckende Tafelberg begrüßt uns im morgendlichem Sonnenschein. Wir sind happy!
Fotos: © Michael Schulze
15.03.20, 9.00 Uhr: Cape Heritage Hotel
Das Navi führt uns problemlos in die Bree-Street im Zentrum von Kapstadt. Freundliche, fröhliche Menschen begrüßen uns mit Kaffee. Early morning check in ist kein Problem. Ein Blick in die offenen, lachenden Gesichter der Coloured Südafrikaner ist so ansteckend. Wir sind froh der deutschen Weltuntergangsstimmung voller Wenn und Aber ein Stück weit entflohen zu sein. Nur die Flasche Hand-Desinfektionsmittel am Hoteleingang und in den Bädern unserer Zimmer erinnert, dass auch die Menschen der Regenbogen-Nation einer Corona-Viren-Attacke Aufmerksamkeit schenken.
Fotos: © Michael Schulze
Jedes Gäste- und Badezimmer ist individuell anders, je nach Räumlichkeit gestaltet, gemütlich und geschmackvoll.
https://www.capeheritage.co.za
15.03.20, 12.00 Uhr: Camps Bay
Wir fahren eine erste Erkundungstour entlang der Küste Kapstadts. Für unsere Freunde ein déjà-vu, sie sind zum dritten Mal in der Kapregion, wir das erste Mal. Sonntags ist es ruhig, so dass Michael und Peter sich schnell an den Linksverkehr gewöhnen können. In Camps Bay, ein nobles Viertel mit feinen Villen und gepflegtem Beach, entspannen wir beim Spazieren und atmen die frische Atlantikluft tief ein. Über den Häusern thronen die zwölf Apostel, eine Bergkette, die Fortsetzung des Tafelbergs. Es herrscht eine typische Nachsaison-Atmosphäre mit Spaziergängern, Einheimischen und Feriengästen, die den Trubel der Hochsaison meiden und die das noch warme Wetter des Herbstbeginns schätzen.
Fotos: © Michael Schulze
Der Wind ist heftig und der Sand pfeift über den Strand. Im Restaurant „Surfhack“ sitzen wir windgeschützt auf der Terrasse mit Blick auf den Atlantik, genießen zu Salat und Hamburgern das erste Glas Wein der berühmten Kapregion.
Foto: © Michael Schulze
Ein Blick zur Seite. Der Himmel über dem Lionshead, ein kegelförmiger Berg in der gebirgigen Kette um Kapstadt, verfinstert sich. Was ist das? Ein nahendes Gewitter oder der berühmte Nebel? Wir beobachten, wie ein Hubschrauber Wasser aus dem Meer aufnimmt verschwindet, wieder kommt. Es sind weder Wolken noch Nebel, sondern Rauchschwaden. Büsche und Bäume brennen am Berghang ziemlich heftig.
Fotos: © Michael Schulze
Fotos: © Peter Honerath
15.03.20, 15.00 Uhr: über Hold Bay nach Constantia
Das Weingut Groot Constantia ist das älteste in der Region. Die ersten Weinreben wurden hier am Ende des 17. Jh. angebaut. Natürlich gehört zum Besuch zumindest ein kleiner Test des Rebensafts, die Jungs testen roten Wein und wir Mädels „Bubbles“.
Fotos: © Michael Schulze
https://www.grootconstantia.co.za
15.03.20 18.30 Uhr: zurück im Hotel „Cape Heritage Hotel“
Das Hotel gehört zum Komplex eines ehemaligen Warehouse aus der Zeit Anfang des 20.Jh. Vor wenigen Jahren wurde es sehr geschmackvoll restauriert und gemütlich eingerichtet. In den Fluren hängen Bilder mit Ansichten vor der Restaurierung.
Fotos: © Michael Schulze
Hier im Empfangsbereich können sich Gäste treffen, plaudern, planen, Zeit verbringen.
Fotos: © Gudrun Schulze
In diesem Warehouse-Komplex gibt es auch einige nette Restaurants. Unser Favorit „Chefs Warehouse Canteen and Wine Bar“. Es ist Sonntag und da haben in Kapstadt viele Restaurants geschlossen, auch das Canteen. Wir finden in der Umgebung das Restaurant „Tiger Milk“, jung, stylisch, leckeres Essen.
https://tigersmilk.co.za/kloof-street/
Der erste Tag verlief sehr entspannt, wir vier umarmen uns glücklich und ziehen uns in unsere wunderschönen Zimmer zurück. Tiefer Schlaf ohne Corona-Träume. Am nächsten Morgen treffen wir uns frisch und fröhlich zum Frühstück.
16.03.20: Kap der Guten Hoffnung
Der Tafelberg erstrahlt im Sonnenlicht. Aber keine Gondel fährt nach oben, zu starker Wind. Vielleicht einen Blick vom Lionshead? Nein heute nicht. Die Straße Richtung Tafelberg und Lionshead ist noch gesperrt und große Teile des Waldes am Hang qualmen noch.
Fotos: © Peter Honerath
https://www.kapstadt.de/reisefuehrer/stadtgebiet/tafelberg/oeffnungszeiten-und-tipps
Na, dann auf zum Kap der Guten Hoffnung. Wir fahren die spektakuläre Straße über den Chapman´s Peak, eine Mautstraße mit grandiosen Blicken auf eine Wahnsinns-Landschaft.
Fotos: © Michael Schulze
Wir fahren weiter Richtung Süden und befinden uns im Kap-Nationalpark.
Fotos: © Michael Schulze
Der Wind ist schon stärker als eine frische Brise. Das spüren wir beim Aussteigen, denn die Autotür ist kaum zu halten.
Das eigentliche Kap, der südlichste Punkt des Afrikanischen Kontinents liegt rechts von uns, ein sturmgepeitschter Felsen.
Fotos: © Peter Honerath
Fotos: © Michael Schulze
Viel eindrucksvoller ist allerdings der Leuchtturm oben auf dem Berg. Eine Bahn fährt nach oben, wir aber laufen. Je höher wir kommen, umso schwieriger wird es auf einem Bein zu stehen, so stark bläst ein richtiger Sturm. Oben um den Turm tobt ein regelrechter Orkan. Reden geht nicht, stillstehen ist unmöglich. Wir machen für die Daheimgebliebenen ein Kap-der-Guten-Hoffnung-Foto. Vielleicht hilft es. Besonders gebeutelt sind unsere französischen, italienischen und spanischen Freunde.
Fotos: © Michael Schulze
Der Abstieg erfolgt auch mit heftigen Sturmböen. Peter und ich denken an den fliegenden Robert vom Struwwelpeter-Buch, als Kinder haben wir uns sehr davor gefürchtet wie Robert auf Nimmer-Wiedersehen in die Ferne zu fliegen.
Fotos: © Peter Honerath
Auf dem Parkplatz vertreiben Ranger aufdringliche Baboons, Affen, die nach Essbarem suchen, auf Autos sitzen und vor denen überall gewarnt wird. Nicht nur auf unserer Frontscheiben sind Spuren ihrer Tatzen.
Foto: © Michael Schulze
Pinguin-Kolonie in Simons
Auf dem Rückweg nach Kapstadt besuchen wir die kleinen afrikanischen Pinguine. Sehr witzige Tiere, die in kleinen Buchten am Meer leben, sich im Sand ihre Höhlen bauen und offensichtlich gern in großer Anzahl zusammenleben, eben eine Kolonie. Damit ihr Lebensraum nicht durch umher latschende Touristen gestört wird, wurden brückenähnliche Holzwege gebaut über die Menschen gehen können nur um zu gucken und zu fotografieren.
Fotos: © Michael Schulze
Besonders witzig ist es, wenn sie aus dem Wasser kommen. Gruppen von 10-15 Tieren waren zusammen jagen. Eben schwimmen sie noch, dann die richtige Welle, schwups sind sie auf den Beinen und watscheln sehr flink über den Strand. Dann lassen sie ihr Gefieder in der Sonne trocknen.
Unzertrennlich und sehr zärtlich miteinander sind die verliebten Paare.
Putzig ist ihre Neugierde, gehört die Cap hierher? Ist es ein Kumpel von uns? Bewegt sich nicht?
Fotos: © Peter Honerath und Michael Schulze
Simon’s Town
Es ist Apero-Zeit und so sitzen wir im kleinen Hafen von Simon’s Town im Fran´s Place auf einer Terrasse und genießen den späten Nachmittag.
Zurück in Kapstadt
Heute Abend hat das Chefs Warehouse Canteen geöffnet und nach kurzer Wartezeit gibt’s einen Tisch für uns vier. Tolles Essen, 9 kleine Tapas immer für zwei, ganz anders zubereitet und angerichtet als wir Tapas aus Europa kennen. Sehr lecker, ein Genuss. Mit R 800,- für zwei Personen ein bezahlbares Vergnügen.
Anschließend noch einen Cocktail in der Canteen Wine Bar, muss sein.
Foto: © Michael Schulze
https://www.chefswarehouse.co.za/bree
Egal wo wir an diesem Tag waren, es begegneten uns freundliche, fröhliche Menschen ohne Voreingenommenheit uns Ausländern gegenüber. Überall wurde sehr auf Hygiene und Sauberkeit geachtet, Desinfektionsmittel standen bereit, hatte jemand diese nicht benutzt, wurde derjenige freundlich darauf hingewiesen – Corona allgegenwärtig, jedoch mit einer gewissen, aufmerksamen Gelassenheit.
Im Hotel schauen wir in unsere Nachrichten Apps. Corona-Diskussionen in Europa; Hamsterkäufe, Ausgangssperre, immer wieder angsteinflößende Nachrichten. Wir haben das Gefühl, dass wir uns einen Zeitvorteil vor dem Horror-Virus erkämpft haben, auf der Südhalbkugel scheinen wir sicherer zu sein.
17.03.20: Cape Town, V&A (Viktoria&Albert) Waterfront
Der Tafelberg grüßt uns wieder mit blauem Himmel. Aber die Straßen nach oben sind immer noch gesperrt, Aufräumarbeiten nach dem Waldbrand.
Also steht die Waterfront auf dem Plan, ein Muss für jeden Kapstadtbesucher. Das ehemalige Hafengebiet ist zu einem Touristen- und Geschäftszentrum gewachsen mit vielen Restaurants, Bars, Café und Clubs. Auch Shops und Museen ziehen die Touristen an.
Silo nennt sich ein Teil des Viertels, weil im Zentrum der Neubauten ein Komplex aus einem alten Silo integriert wurde. Ein fünf Sterne Hotel und das Zeitz-Museum für afrikanische Kunst sind unter anderen darin untergebracht.
Ein sehr schickes Gebäude. Leider ist das Museum wegen Corona-Pandemie geschlossen. Wir werden wieder an unseren Wettlauf mit dem Corona-Virus erinnert, und dass unser Vorsprung nicht ausreicht, um Corona ganz auszublenden.
Fotos: © Michael Schulze
Wir schlendern weiter. Eine kleine Galerie mit interessanten Bildern und Skulpturen afrikanischer Künstler hat geöffnet, auch Cafés, Restaurants und Shops. Es sind weniger Menschen als üblich unterwegs, gegen Mittag werden es ein paar mehr. Die Stimmung ist entspannt. Wir sitzen draußen im Café unter Sonnenschirmen und schauen einem afrikanischen Männerchor beim Singen und Swingen zu.
Wir bummeln weiter durch das sehr touristische Viertel V&A Waterfront. Es erinnert uns an amerikanische, auch an spanische Viertel, eher Vergnügungspark als Hafengelände. Nach dem obligatorischen Foto mit dem Tafelberg im Hintergrund entdecken wir einen Lindt-Shop und gönnen uns jeder eine große Portion Schokoladen-Eis.
Fotos: © Peter Honerath und Michael Schulze
Die Berge um Kapstadt faszinieren uns. Deshalb ist unser nächstes Ziel der Signal Hill, einer der drei Wahrzeichen von Cape Town. Auf dem Weg nach oben sehen wir die Spuren vom Vortag, verbrannte Autos und große, verkohlte Flächen an den Hängen. Feuerwehrleute sind immer noch im Einsatz, um kleine Brandherde zu löschen und aufzuräumen. Aber diese Situation scheint nach jedem heißen, trockenen Sommer bis der Winter im Mai Einzug hält, normal zu sein. Die Aussicht vom Signal Hill ist grandios.
Fotos: © Michael Schulze
Hier vom Signal Hill starten Gleitschirm Tandemflieger und gleiten lautlos über die Stadt Richtung Meer, sicherlich ein himmlisches Erlebnis.
Foto: © Michael Schulze
Abends essen wir in Somerset West im Golf Club. Auf der Terrasse sitzend, bei Kerzenschein scherzen wir mit einer sehr netten coloured Kellnerin. Das Ambiente ist traumhaft, das Essen vorzüglich, der Wein ausgezeichnet, der Preis niedrig. Wir haben Urlaub!
18.03.20 Auf dem Weg nach Springfontein
Bevor wir das Hotel in Kapstadt verlassen, checken wir die aktuellen Nachrichten.
Das Land Botswana lässt keine Ausländer, schon gar nicht aus gefährdeten Gebieten ins Land. Simbabwe lässt noch Ausländer ins Land, aber die Republik Südafrika lässt Ausgereiste nur noch mit Visum wieder einreisen. Damit ist klar, dass unsere Flüge am 26.03.20 nach Simbabwe und zwei Tage später nach Botswana nicht stattfinden können. Unser Rückflug nach Deutschland ist für den 05.04.20 ab Johannesburg nach Frankfurt gebucht. Corona ist wieder ein Stück näher gerückt. Krisensitzung!
Urlaubsplanung ändern! Wir canceln Viktoria Falls, Simbabwe und Tiermigration im Okavangodelta und in der Kalahari. Wir hoffen, dass wir diesen Teil 2021 nachholen können!
Wir bitten die Lufthansa-Agentur unseren Rückflug vorzuverlegen und planen entsprechen nur die Kapregion zu bereisen. Hier ist es landschaftlich wunderschön, es gibt viel zu sehen und zu erleben. Nachdem wir alles Administrative organisiert haben, können wir mit über zwei Stunden Verspätung Richtung Springfontein starten.
Auf dem Weg kaufen wir Wasser in einem Supermarkt, alle relaxt, keine Hamsterkäufe. Desinfektionsmittel für jeden steht am Eingang und auf den öffentlichen Toiletten bereit. Der einzige Hinweis auf die weltweite Pandemie.
Die Fahrt geht am Meer entlang bis nach Pringle Bay. Der kleine Ort ist ein wenig das Ende der Welt. Wir setzen uns an den Strand, es ist Ebbe. Die Landschaft ist schön, die Ruhe entspannend. Im Ort gibt es ein kleines Café mit frischem, hausgebackenen Kuchen, lecker unser Lunch.
Fotos: © Michael Schulze
Die Fahrt geht weiter an der Küste entlang, vorbei an hohen, unbewaldeten Bergen, kleinen Dörfern mit teilweise großen Anwesen. Hier gibt es keine oder wenig Zäune, keinen Stacheldraht. Die meisten Häuser sind zur Straße hin offen. Ein kurzer Abstecher in Hermanus, super schön gelegen. Zur Walwatching-Zeit muss allerdings hier die Hölle mit Fotoverrückten sein.
Etwas versteckt, aber dank Navi finden wir das kleine Weingut Springfontein in der Nähe von Stanford. Hier kann man Wein kosten und kaufen, aber auch im Restaurant vorzüglich essen. Sternekoch Jürgen Schneider aus Heidelberg/Schriesheim fährt hier abends Außergewöhnliches auf. Weil wir auch den passenden Wein dazu genießen möchten, haben wir im dazugehörigen Wine Estate Übernachtungen gebucht.
Fotos: © Michael Schulze
Die Ferienappartments vom Wine Estate sind ca. 5 Minuten zu Fuß vom Restaurant entfernt. Großzügig im afrikanischen Landhausstil eingerichtet, riesiges Badezimmer mit Badewanne und Dusche, eine Dusche deren Wasserstrahl auch meine dicken Haare vom Shampoo in Nullkommanix befreit.
Auf der Terrasse kann ich bei herrlicher Luft, Vogelgezwitscher und Blick in die Natur ein kleines Workout machen, um die vom Autofahren lahmen Glieder aufzuwecken und der bevorstehenden Völlerei Platz zu schaffen.
Foto: © Michael Schulze
Der Weg zum Restaurant und Wine-Tasting-Gebäude ist etwas abenteuerlich. Vorgewarnt vom Empfangschef nehmen wir unsere Kopflampen für den Rückweg im Dunkeln mit.
Fotos: © Michael Schulze
Zum Apero um 18.00 Uhr sind wir angemeldet und Susanne Schneider begrüßt uns mit einem leckeren Rosé Bubbles auf der überdachten Terrasse.
Leider hatten auf einigen Kissen wohlgenährte Vögel ihre Spuren hinterlassen.
Wir entscheiden uns für das vier-Gänge-Menü. Der sehr freundliche Kellner berät unaufdringlich und kompetent. Jeder der vier Gänge hat ein Nahrungsmittel zum Thema mit jeweils drei Variationen. Phänomenal: optisch und geschmacklich fein abgestimmt.
Zurück führt uns der Trampelpfad, den wir dank Kopflampen sehen können, teils durch den Busch teils über einen Geröllweg zu unseren schönen Apartments.
http://www.springfontein.co.za
19.03.20 Weiter geht’s nach Mossel Bay
Das Frühstück in Springfontein steht in keinem Verhältnis zum wirklich ganz besonderen Abendessen. In einem gemütlichen Garten, leider muss man sich einen Stuhl ohne Vogelexkremente suchen, wird serviert. Jogurt und Cerealien, aber wo ist das Obst? Auf Nachfrage bekommen wir ein paar Apfelscheiben, die offensichtlich auf einem Zwiebelbrett geschnitten wurden.
Scheinbar ist die Anlage im Umbruch. Der Garten braucht eine kleine Generalüberholung. Die Wege, eher Trampelpfade ohne Licht, der große und der kleine Pool sehen nicht gerade einladend aus, naja wir wollten sowieso nicht baden, schon zu kalt.
Dafür haben wir am Abend zuvor excellent gegessen, danach sehr gut geschlafen, kaufen noch zwei Flaschen vom getesteten Wein für unsere Freunde in Mossel Bay.
Cape Alguhas
Der wirklich südlichste Punkt Afrikas liegt fast auf dem Weg. Cape Agulhas. Hier treffen Atlantik und Indischer Ozean aufeinander oder fließen sie ineinander?
Fotos: © Michael Schulze
Das Cape Alguhas hat einen kleinen Leuchtturm, lange mit Holzbohlen versehene Wege auf denen wir entlang laufen bis wir das „Denkmal“ vom Kontinent Afrika sowie den Stein, der die Stelle markiert, wo sich die beiden Ozeane vereinen, erreichen.
Fotos: © Michael Schulze
Am späten Nachmittag erreichen wir Mossel Bay. Unsere Freunde Rienie und Werner begrüßen uns herzlich und wir bleiben zwei Tage bei ihnen in ihrem schönen Haus. Sie verwöhnen uns sehr. Werner zeigt uns die Umgebung von Mossel Bay, Rienie erwartet uns mit reichhaltigem Essen. Beide sind echte Südafrikaner und ihre Familiengeschichten sind sehr spannend. Wir haben viele Fragen und sie haben viele Fragen, wir könnten noch Tage miteinander verbringen.
Fotos: © Michael Schulze
Habt ihr Lust zum Überflieger zu werden? Frei wie ein Vogel schwebt ihr mit der längsten Zipline der Welt über die Küste von Mosselbay und genießt dabei eine unvergessliche Aussicht.
Fotos: © Michael Schulze
https://mosselbayzipline.co.za
Unendlich weiter, weißer Sandstrand lädt nicht nur zum Spazieren ein. Michael ist auf Spurensuche.
Fotos: © Christina Honerath
Wir haben viel Spass miteinander. Rienie zeigt uns stolz ihren Garten, einerseits freut es sie, dass Rehböcke, Hasen und wilde Hühner in ihr Estate gelangen und sehr zutraulich sind, andererseits ärgert sie sich, wenn die „Böcke“ das frische Grün in ihrem Gemüsegarten abknabbern.
Fotos: © Michael Schulze
Fast haben wir Corona vergessen. Da erhalten wir die Nachricht, dass wir mit der Lufthansa am 27.03.20 aus Johannesburg fliegen können/müssen. Schade, wir fühlen uns sehr wohl in der Kapregion und auch ohne Safari in Botswana bekämen wir hier bis zum 05.04.20 keine Langeweile.
Jetzt haben wir Klarheit, am 27.03.20 geht es zurück nach Deutschland und bis dahin befolgen wir den Rat des deutschen Konsuls „Genießen sie den Urlaub in der Kapregion“.
Wir buchen noch schnell vier Flüge mit Air Kulula von Kapstadt nach Johannesburg für den 27.03.20.
21.03.20 Auf geht’s nach Swellendam
Der Abschied von Rienie und Werner mit noch einer und noch einer liebevollen Umarmung sowie dem Versprechen wir sehen uns in Südafrika, Deutschland oder Singapur wieder, ist mehr als herzlich.
Wir fahren über Oudtshoorn, dem Ort mit den meisten Straußenfarmen in der Umgebung. Die Laufvögel posen sehr witzig für Fotos. Damit sie sich bei Revierkämpfen nicht verletzten tragen sie statt Zahnspangen „Schnabelspangen“ aus Kunststoff.
Fotos: © Peter Honerath & © Michael Schulze
Die Fahrt verläuft über den Robinson-Pass von ca. 800 Höhenmetern mit sehr schönen Blicken über das Küstengebirge. Riesige Farmen mit Straußen liegen rechts und links der Straße.
Fotos: © Michael Schulze
Wir fahren durch Calitzdorp, folgen weiter der R 62 durch grandiose Landschaften. Berge bizarr und gewaltig, immer wieder durchqueren wir kleine Dörfer mit holländisch klingenden Namen. Jetzt sind wir in der Little Karoo, einer Halbwüste. So ähnlich sieht es im Mittleren Westen der USA aus: lange, gerade Straßen in flirrender Hitze, endlose Strommasten, dahinter Bergketten in grau-blauen Abstufungen.
Fotos: © Michael Schulze
Der Reiseführer erzählt eine lustige Geschichte über Ronnie, der mitten im Nichts einen Shop zum Verkauf von Farmer-Produkten eröffnen wollte. Dazu renovierte er eine frühere Arbeiterunterkunft. Auf die weiße Wand schrieb er untereinander die zwei Worte Ronnies Shop. Seine Freunde machten sich einen Spaß und pinselten hinter Ronnie das Wort Sex. So entstand Ronnies Sex Shop. Mit falschen Erwartungen hielten mehr und mehr Leute hier an und Ronnie spendierte ihnen ein Bier, manchmal auch eine Bratwurst. So entstand einer der bekanntesten Pubs an der Route 62 im ausgetrocknetstenTeil. Dort wollen auch wir unseren Durst löschen.
Fotos: © Michael Schulze
Pech, es gibt kein Bier nur Softdrinks. Es ist Samstag, zufällig ein Feiertag „Human Rights Day“, außerdem hat Präsident Ramaphosa angeordnet, am Wochenende nach 13.00 Uhr und in der Woche nach 18.00 Uhr keinen Alkoholausschank wegen Corona. Also gut es geht auch ohne.
Mit Ronnie haben wir kurz geschwatzt, seine verrückte Kneipe angeschaut und weiter geht es. Die Landschaft wird immer grüner. Wir nähern uns der Weinregion und unserem Ziel Swellendam.
Foto: © Michael Schulze
21.-23.03.20 Swellendam
Schon von Deutschland vor gebucht, übertrifft die Realität noch die Informationen und Ansichten im Internet. In einem wunderschönen Garten mit Obstbäumen, Gelbholzbäumen, Palmen und südafrikanischen Pflanzen befinden sich sechs komfortable Gästezimmer geschmackvoll eingerichtet. Jedes mit eigenen Eingang und kleiner Veranda mit Blick in den Garten. Geschützt im Garten lädt ein sehr gepflegter Pool zum Relaxen ein.
Fotos:© Michael Schulze
Das Frühstück ist phänomenal gut, frisches Obst, liebevoll angerichtet.
https://www.swellendamlodge.com
Die Besitzer, ein junges, sympathisches Paar, helfen uns an beiden Abenden Restaurants zu finden, die geöffnet haben, sonntags haben viele Restaurants in Südafrika Ruhetag, hinzu kommen noch Corona-Vorschriften: nicht mehr als 50 Gäste und der Abstand muss gesichert sein. Frau Bruins Empfehlungen sind super und dank ihrer Reservierungen können wir entspannt sehr gutes Essen genießen, wegen der Corona-Bestimmungen ist inzwischen Alkoholausschank am Wochenende ab 13.00 Uhr und in der Woche ab 18.00 Uhr verboten. Wir trinken Wasser und das in der Weinregion. Aber privat in der Lodge auf der Terrasse vor unserem Zimmer dürfen wir vier mit einem guten Tröpfchen anstoßen.
Swellendam ist ein hübsches Städtchen im holländischen Stil mit wunderschön restaurierten Häusern, viele mit einem Reetdach. Eine schöne weiße Kirche. Geschlossen. Die Museen haben leider auch nicht geöffnet. Im Städtchen ist es sonntags sehr ruhig, zur Zeit besonders, was nicht nur an der Nachsaison liegt.
Fotos: © Michael Schulze
Aber ganz in der Nähe gibt es einen Nationalpark. Fünf Kilometer entfernt beginnt der Bontebock National Park und der hat geöffnet. Wir können mit dem Auto große Strecken im Park fahren, zwischendurch legen wir eine kleine Wanderung am Fluss ein, dann ein Bontebock-Fotoshooting auf einer Lichtung. Ein älteres Menschen-Paar hat sich für ein ausgiebiges Picknick auf einer Holzterrasse niedergelassen. Im rückwärtigen Gebäude befinden sich sehr saubere Toiletten und außen die Möglichkeit zum Händewaschen oder zum Spülen mitgebrachter Teller.
Fotos: © Michael Schulze
Fotos: © Peter Honerath & Michael Schulze
Im Park gibt es Grillplätze. Zwei Familien sind mit dem beliebten Barbecue beschäftigt und die Kinderschar tobt ausgelassen in der Natur.
Wenige Menschen sind unterwegs, aber das stört uns nicht, im Gegenteil. Ruhe, kein Anstehen, viel Natur und frische Luft, was wollen wir mehr.
Den Sonntagnachmittag relaxen wir zu viert am schönen Pool der Lodge. Die anderen zwei Gäste sind noch unterwegs.
23.03.20 Stellenbosch
Jetzt sind wir mittendrin in den Cape Winelands. Einige kleine Weingüter haben bereits geschlossen. Das Gut Van Loveren ist geöffnet und viele Autos stehen davor. Wir machen eine Weinprobe der besonderen Art. Ein Christina Wine-Tasting. Christina hieß die ursprüngliche Besitzerin von Van Loveren. Es gibt 6 verschiedene Weine zu probieren: 2x Sparkling, 2x weiß und 2x rot, dazu Brot Oliven, Öl, Balsamico und eine Körner-Knabber-Mischung.
Wir sitzen im Garten unter großen, alten schattigen Bäumen und genießen.
Fotos: © Michael Schulze & © Peter Honerath
In Stellenbosch übernachten wir im Hunneyball House. Ein liebevoll restauriertes und eingerichtetes Guesthouse. Marie und Jim sind perfekte und unkomplizierte Gastgeber. Marie lässt sich für jeden Tag etwas Besonderes zum Frühstück einfallen, alles lecker und gesund. Außerdem steht noch ein Frühstücksbuffet mit feinen, frischen Leckereien bereit.
Fotos: © Michael Schulze
https://hunneyball-house-za.book.direct/en-gb
24.03.20 Stellenbosch
Eigentlich haben wir noch drei Tage Zeit für Touren durch die Cape Winelands bis zum Abflug am 27.03.20 Kapstadt -Johannesburg, Johannesburg-Frankfurt.
Aber „Corona“ hat uns inzwischen eingeholt. Alle Inlandsflüge von Kapstadt gestrichen. Der Flug am 27.03.20 Johannesburg via Frankfurt weiterhin bestätigt.
Eine Rede vom Präsidenten Ramaphosa zur Lage und zum bevorstehenden Lockdown ist für den 25.03.20 18.00 Uhr angekündigt. Wir haben noch den Mietwagen. Die Rede abwarten und am 26.03. nach Johannesburg fahren? Geht nicht, die Strecke ist zu weit. Wir müssen am 25.03. fahren und nach ca. 2/3 der Strecke übernachten, um pünktlich in Johannesburg zu sein. Es könnte eine der letzten Maschinen sein, die noch vor dem Lockdown aus Südafrika heraus fliegen darf. Beschlossen!
Franschhoek und Babylonstoren
So können wir noch einen Tag die schöne Landschaft und die historischen Weingüter genießen. Wir fahren in Richtung Franschhoek. Die Landschaft ist traumhaft. Hohe Gebirgszüge erheben sich über sonnenverwöhnte Weinberge, ein wenig unwirklich sieht es hier aus, ähnlich einer Filmkulisse. Aber alles ist Wirklichkeit. Babylonstoren, ein sehr altes holländisches Gut mit einem riesigen Gelände, hat geöffnet. Ein Gartengelände mit Obst und Gemüse, das ihresgleichen sucht. Hier können Gäste Stunden lustwandeln und im Greenhouse Restaurant Leckeres aus eigener Produktion schnabulieren. Bevor wir durch den Garten schlendern, faszinieren uns noch die Shops. Wunderschöne Textilien, Geschirr, Deko-Artikel, hausgemachte Marmeladen, Käse, Jogurt, hausgebackenes Brot und Kekse, Wurst, Schinken, Fleisch. Wir kaufen Reiseproviant für unsere Tour Richtung Johannesburg ein.
Dann der Garten, Wahnsinn! Hier arbeiten viele fleißige Hände.
Fotos: © Michael Schulze
Eine Weinprobe machen wir dann im klimatisierten Degustations-Restaurant.
Eine aufmerksame Dame erklärt uns die Feinheiten.
Kaffeepause in Franschhoek. Die Geschäfte schließen frühzeitig oder haben gar nicht erst geöffnet, so dass Mitbringsel-Einkauf diesmal ausfallen muss. Das Städtchen ist hübsch, mit einem anderen Flair als die holländisch geprägten, denn hier kam 1688 eine kleine Gruppe Hugenotten an, denen in der Umgebung von Drakenstein Land zugeteilt wurde.
25.03.20 Stellenbosch
Pünktlich um 8.00 Uhr frühstücken wir und kurz bevor wir um 9.00 Uhr Richtung Johannesburg fahren, checkt Christina nochmals unsere Flüge ab Johannesburg am 27.03.20. Unsere Flüge sind bestätigt. Also tschüß Kapstadt, rauf auf die N 1 und quer durchs Land.
Gegen Mittag tanken wir in Beaufort West und finden unter Bäumen in einer ruhigen Straße einen schattigen Platz für unser mittägliches Steh-Picknick am Auto. Wir fahren weiter durch die Große Karoo, eine karge Halbwüste. Schilder an der N 1 weisen immer wieder auf Farm-Häuser links und rechts der Straße. In jedem größeren Ort gibt es Tankstellen und einen kleinen Supermarkt. Nichts deutet daraufhin, dass Benzin knapp werden könnte oder irgend etwas gehamstert wird. Leider haben wir keine Zeit zum Anhalten. Der Ort Matjiesfontein hätte uns interessiert mit seiner kleinen Bahnstation und dem von weitem gesehenen, viktorianischen Häusern. Dieses kleine Dorf hat eine interessante Geschichte und berühmte Besucher weilten hier. 1970 wurde es zum Nationaldenkmal ernannt.
Das tolle Farbspiel in der Dämmerung über der Karoo nehmen wir nur im Vorbeifahren war.
Fotos: © Michael Schulze
Foto: © Peter Honerath
25.03.20 Bloemfontein
19.15 Uhr erreichen wir das City Lodge Hotel in Blomfontain. Ein typischer Schuppen für Dienstreisende, aber eine Nacht geht es und morgen früh fahren wir gleich weiter nach Johannesburg. So unser Plan. Als erstes loggen wir uns ins WLAN ein. Uns trifft fast der Schlag. Nachricht von 19.05 Uhr Lufthansa-Flug für den 27.03.20 ersatzlos gecancelt, alle kommerziellen Flüge sind ab dem 26.03.20 00.00 Uhr gestrichen. 18.55 Nachricht vom Botschafter (hatten uns auf Elefand-Liste, Condor-Liste und Konsulat Kapstadt-Liste schon Tage vorher registriert) vergessen sie alle Listen. Es ist nur noch die Liste der Botschaft wirksam und füllen sie die mitgesendete bitte aus. Der Präsident der Republik Südafrika Cyril Ramaphosa hat heute um 18.00 Uhr in seiner Rede Lockdown für den 26.03.20 bis zum 16.04.20 angeordnet. Wir treten mit der Regierung in Verhandlungen und hoffen zum Wochenende positiven Bescheid geben zu können, wann und wie die Rückholaktion von statten geht.
Corona hat uns überholt.
Wir müssen so schnell wie möglich eine vernünftige Unterkunft in Flughafen-Nähe finden. Drei Gründe sprechen für Kapstadt:
- Wir sind über das Konsulat Kapstadt als Reisende der Kapregion registriert.
- In Kapstadt für eine unbestimmte Zeit zu warten, ist sicherlich entspannter als in Johannesburg.
- Voraussichtlich beginnt die Rückholaktion in Kapstadt.
Also:
Erstens: Das aktuelle Botschaftsformular ausfüllen. Da wir eine kleine Gruppe mit vier Personen sind, genügt ein Formular für alle vier.
Zweitens: Das schöne Cape Heritage Hotel der ersten Tage anfragen, ob wir dort zwei Zimmer buchen können. Das Hotel schließt leider am 26..03.20. Die meisten Guesthouses müssen für die Zeit des Lockdown schließen. Was nun?
Irgend ein größeres Hotel anfragen, dann womöglich die Zimmer nicht verlassen dürfen und während der Mahlzeiten in einer tiefgekühlten Lobby hocken, nicht an der frischen Luft sitzen oder gar bewegen? Nix für uns.
Ca. 300 Airbnb in und um Kapstadt finden wir im Netz. Wir wählen zwei aus und fragen an. Das erste eine schnelle Absage, das zweite eine Zusage. Wunderbar, ein Haus mit Terrasse und kleinem Innenhof in einem schönen Wohnviertel, durch welches wir am Anfang des Urlaubs gefahren sind. Ein Haus nur für uns vier. Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel in der Nähe und erlaubt. Bingo!
Das mäßige Abendessen im City Lodge Hotel in Blomfontein, die gelangweilte oder verängstige Bedienung und der unfreundliche Typ an der Rezeption sind für uns der Beweis: Wir vier haben die richtige Entscheidung getroffen. So schnell wie möglich zurück nach Kapstadt, um die ungewisse Zeit des Lockdown unter bestmöglichen Bedingungen gemeinsam zu verbringen.
Gleich um 6.00 Uhr starten wir ohne Frühstück mit dem erwachenden Tag Richtung Kapstadt. Über 1000 km wieder zurück. Wir kennen die Strecke vom Vortag und es gibt noch einiges bis zum endgültigen Lockdown zu erledigen.
Fotos: © Michael Schulze
26.03.20 von Bloemfontein nach Kapstadt
Eigentlich schade, ein Stadtbummel in Bloemfontein, der Hauptstadt der Provinz Freistaat, muss ausfallen. Den Sonnenaufgang und die Landschaft links und rechts der N1, die Große Karoo finden wir sehr schön, hätten wir ohne Corona nicht erlebt und wir bekommen Lust zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Zeit wieder normal tickt, auch dieses Terrain zu bereisen. Jetzt aber Fuß auf´s Gaspedal und etwas schneller als erlaubt.
Ein kurzer Stopp in der Karoo für eine Kaffeepause. Schon auf der Hinfahrt hatte Michael eine Location bemerkt, die mit Kaffee und Regionalem warb. Peter biegt ab. Ein Wunder eröffnet sich uns mitten in der Halbwüste Karoo, der „Padstal“. Es gibt nicht nur guten Kaffee. Wir kaufen ein paar Vorräte für die Zeit des Lockdown: Marmelade, kleine frisch gebackene Quiche zum Aufwärmen, Pekannuß-Törtchen, ein paar Burenworschte.
Fotos: © Michael Schulze
http://karoospace.co.za/karoo-padstal-on-n1-near-richmond/
Kurz noch über den Hotspot von Peters Handy einloggen. Nicolas, der coole Hausvermieter hat geschrieben, Adresse, Code, und alle notwendigen Daten geschickt, damit wir problemlos ohne persönliches Treffen (Corona) das Haus in Kapstadt beziehen können. Uns fällt ein „Stein vom Herzen“, das wichtigste ist sicher.
Jetzt wieder Vollgas. Wir müssen noch ein paar Vorräte (Nudeln, Reis, Käse, Jogurt, Obst, Tomaten, Kaffee, Wasser…) für die nächsten drei Tage kaufen, schließlich beginnt mit der Ausgangssperre auch das Wochenende. Diese und unser Gepäck ins Haus bringen und das Auto um 17.30 Uhr bei Budget in Kapstadt abgeben, denn die Filialen müssen vom 26.03.-16.04.20 schließen.
In Beaufort West tanken Peter und Michael, Christina und ich kaufen die Lebensmittel in einem kleinen Store. Die Kassiererin hat tausend Fragen an uns, hinter uns bildet sich inzwischen eine kleine Menschenschlange, alle reagieren sehr interessiert und hilfsbereit. Ein großer kräftiger Farmer hört mit besorgtem Gesichtsausdruck zu. Wir hatten den Eindruck, gleich bietet er uns an auf seiner Farm Zuflucht zu nehmen.
Die Fahrt quer durch durchs Land von Kapstadt bis fast Johannesburg hat uns Lust und neugierig gemacht nach Corona-Zeiten auch diese Region zu erkunden. Wir kommen wieder. Die Menschen, die Natur lassen uns nicht mehr los.
Wir erhalten unterwegs noch den Hinweis: Während des Lockdown sind Alkohol-Kauf und -Transport verboten. Ein noch geöffnetes Weingut vor Kapstadt zu suchen, keine Zeit. Also beim nächsten Tanken in Laingsburg einen Liquorstore aufsuchen. Ein paar Flaschen Wein, ein paar Dosen Bier und Tonic sowie eine Flasche Gin passen noch ins Auto.
Beim Einfahren in die Mother City, wie Kapstadt genannt wird, laufen über der Straße elektronische Anzeigen: Lockdown ab 26.03.20 24:00 Uhr bis 16.04.20 24:00 Uhr. Südafrika ist bereit. Und wir?
Unser Navi lenkt uns Richtung Tafelberg und Signal Hill, entlang der Kloof-Street in die Hastingsstreet. Wir halten vor einem hübschen, viktorianischen Haus. Nicolas lotst uns per VideoCall ins Haus. Wow!
Fotos: © Michael Schulze
https://steadfast.africa/meet-the-team/
Großes Wohn-Esszimmer, geräumige gut ausgestattete Küche, 3 Schlafzimmer, 3 Bäder, Rooftop mit fantastischem Blick zum Tafelberg und über Cape Town. Auch der Innenhof mit Oliven- und Zitronenbäumen lädt zum Sitzen ein.
Fotos: © Michael Schulze
Hier können wir vier in einem sehr geschützten Raum mit viel Platz und frischer Atlantikluft in Ruhe abwarten, welche Vereinbarungen der deutsche Botschafter mit der Südafrikanischen Regierung aushandelt.
Fotos: © Michael Schulze
Auto noch rechtzeitig abgeben, häuslich eingerichtet und ein letztes Mal in einem Restaurant zu Abend gegessen.
Wir schlafen entspannt in die Zeit unseres „Eingeschlossenseins“ ohne zu wissen, wann es endet.
Frühstück, selbstgemacht mit Obst, Jogurt und Cerealien auf dem Rooftop. Eine herrliche Stille, kein Auto nur Vogelzwitschern, ein Traumblick, frische Meeresluft vom Atlantik. Glück gehabt – hier kann man sich mit und ohne Ausgangssperre hervorragend erholen.
Fotos: © Michael Schulze
Die Nachbarn, eine nette junge Familie fragen, ob wir etwas brauchen, bieten ihre Hilfe an, geben uns ihre Handynummer, so dass wir täglich per WhatsApp Mitteilungen tauschen oder von Terrasse zu Terrasse plaudern. Auch für diese Familie, sie Ärztin, er Lehrer und dem 7-jährigen Sohn eine völlig ungewohnte Situation.
Es vergehen die Tage. Morgens E-Mails, WhatsApps, privat und dienstlich checken, antworten, massenhaft Kontakt zur halben Welt pflegen.
Nachrichten vom Konsulat bzw. der deutschen Botschaft lesen, ggf. reagieren.
Endlich Zeit zum Lesen und Tagebuch schreiben. Mittags gemeinsam ein kleiner Imbiss oder Obstshake und Espresso. Christina und ich ziehen nachmittags immer ein kleines Sportprogramm mit einer FitnessApp durch. Michael und Peter, unsere Hobbyköche bereiten schon voller Hingabe das allabendliche Dinner vor. Vor dem Essen selbstverständlich der gemeinsame Apero auf dem Rooftop. Nach dem Essen angenehme Gespräche oder wir testen das reiche Fernsehangebot.
Wir haben unseren Rhythmus gefunden und sind im Urlaubsmodus.
Regelmäßig informiert der Botschafter über den Stand seiner Verhandlungen. Der Ton der Landsleutebriefe gefällt uns, kein Juristen- oder Beamtendeutsch, sondern klar, freundlich werden wir zum Ruhe bewahren aufgefordert. Uns geht es gut, wir bleiben entspannt.
Fotos: © Michael Schulze
Immer wieder entdecken wir eine andere Ansicht von unserer Dachterrasse.
1. April: Michael kaum die Augen auf, muss seinen Aprilscherz los werden: „Wir haben Nachricht, wir sind beim nächsten Rückholflug dabei.“ April, April!
Zwei Stunden später erhalten wir tatsächlich die Nachricht, dass wir am 04.04.20 um 22.00 Uhr mit SAA ausgeflogen werden.
Jetzt wird es sportlich. 10.30 Uhr erhalten wir die Nachricht und müssen bis 13.00 Formulare ausfüllen, unterschrieben zurücksenden, Pässe eincannen. Ohne Drucker, ohne Scanner? Alle Geschäfte geschlossen, Ausgehverbot! Wir haben nur Handys und ein iPad.
Unsere Nachbarin hilft. Wir mailen die Unterlagen zu ihr mit der Bitte die Anhänge auszudrucken. Verzögerung durch technische Probleme und sprachliches Missverständnis. Dann endlich mit 1,50 m Abstand und desinfizierten Händen Übergabe der Mappe durch Ablegen auf der kleinen Mauer zwischen den Grundstücken.
Ausfüllen, unterschreiben, fotografieren, verschicken, auch die Pässe. Dateien sind für eine Mail zu groß. Nochmal, alles einzeln. Hoffentlich können die Botschaftsmitarbeiter die Anhänge der Hauptmail zu ordnen und es hängen nicht 20 andere dazwischen. Wir können es nicht kontrollieren.
12.50 Uhr, 10 Minuten vor Ablauf der Frist, alles erledigt.
Jetzt heißt es warten, warten auf Passierscheine für die Fahrt zum Flughafen und Bordkarten von South African Airline.
3. April: 10.30 Uhr kommen die Passierscheine
Wir benötigen Passierscheine für uns und für die Taxifahrer, um das Haus zum Stadion und Flughafen verlassen zu können. Die Taxifahrer brauchen natürlich für die Rückfahrt noch eine Kopie. Anneke unsere Nachbarin hilft wieder. Vier mit persönlichen Daten ausgestellten Passierscheine in doppelter Ausführung druckt sie für uns aus.
Die angekündigte Bordkarten fehlen, wir erfahren wegen technischer Probleme bei der SAA bekommen alle Fluggäste diese am Samstag auf dem Flughafen.
Unser Vermieter Nicolas organisiert uns zwei Taxis für den nächsten Tag. Es dürfen nur zwei Personen in einem Taxi befördert werden.
4. April Abflug
14.00 Uhr verlassen wir die Hastingsstreet Richtung Fußball-Stadion. Abschied von unseren lieben, hilfsbereiten Nachbarn. Der kleine Pieter schenkt uns, jedem Paar eine große Muschel zum Abschied. Wir versprechen wiederzukommen. Schließlich müssen wir irgendwann die unterlassenen Umarmungen nachholen.
Foto: © Michael Schulze
15.00 Uhr Treffpunkt Fußballstadion Kapstadt
Das deutsche Konsulat und die Western Cape Regierung haben Großartiges geleistet. Top organisiert, ruhig und sicher laufen Registrierung, Gesundheitscheck und Versorgung mit Essen und Trinken ab. Unter Berücksichtigung der Sicherheitsabstände warten wir im Stadion auf die Fahrt mit Bussen zum Flughafen. immer wieder fragen Konsulatsmitarbeiter nach dem Befinden der Familien, Kinder und auch uns. Der Konsul verabschiedet unser Gruppe von ca. 270 Rückhol-Urlaubern persönlich, wünscht uns und der Region Western Cape, dass wir trotz der widrigen Umstände wieder in diese Region zurück kommen. Das werden wir, bestimmt! Die Menschen und das Land lassen uns nicht mehr los. Es gibt noch viel, viel hier zu sehen und zu erleben.
Fotos: © Michael Schulze
Mit Reisebussen werden wir, immer nur eine Person pro Doppelsitz, zum Flughafen gefahren. Wer keine Gesichtsmaske hat und Handschuhe braucht, bekommt diese.
Fotos: © Michael Schulze
Auf dem Flughafen begleiten umsichtige Mitarbeiter des Konsulats die Fluggäste. Abstandsmarkierungen sorgen für Sicherheit an den Check in Schaltern. Gegen 19.00 sind wir im Terminal. Da alle Shops geschlossen haben, werden Wasserflaschen verteilt. Lunchpakete konnte sich jeder Reisende vom Stadion mitnehmen. Jetzt heißt es nochmal warten bis zum Einsteigen. Es ist viel Platz auf dem Flughafen, weil nur diese eine Sondermaschine starten wird. Kinder können ohne Ärger Ball spielen und sich müde flitzen.
Fotos: © Michael Schulze
Die Flugbegleiter erwarten uns in einer besonderen Uniform.
Fotos: © Michael Schulze
Unser besonderer Dank gilt der deutschen Botschaft in Pretoria, dem deutschen Konsulat in Cape Town und der Regierung der Province Western Cape.
Danke auch für die Freundschaft von Rienie und Werner, von Rebecca, nicht vergessen möchten wir Pieter, Anneke und Tom.
Und ganz besonders möchten wir Nick Sadleir für seine unkonventionelle Unterstützung danken. Er und seine Frau hatten wahrlich auch privat ziemlichen Stress. Corona hat ihr Hochzeitsfest während des Lockdown platzen lassen.